«Gerechtigkeit wurde geschaffen, aber das wird die Fehler nicht wettmachen.»

«Ich habe eine Genugtuung, dass der Gerechtigkeit Genüge getan wurde, aber vor allem, dass so etwas nicht noch einmal passiert, es ist nicht möglich, es ist nicht normal.»

«Keine Kontrolle der Urkunden dieses sogenannten Arztes, Einstellungen in verschiedenen Krankenhäusern, er wurde entlassen, er praktizierte nach dem Vorfall mit meiner Frau weiter, es gab keine Kommunikation zwischen den Krankenhäusern, das kann ich nicht akzeptieren», erklärt Philippe Scheins, der Ehemann von Véronique Scheins
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Schwarzwald · 31. März 2025


Der obskure Frauenarzt
«Docteur F.»
Verurteilt in Deutschland, Frankreich, Schweiz, Luxemburg

Ein transnationaler Skandal mit deutschem Epilog 

 

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Laut Regierungspräsidium Stuttgart, nach Vorstrafe in Deutschland, Berufsverboten in Frankreich, Luxemburg, Schweiz immer noch gut genug für Deutschland.

 

· Die Routine-Untersuchung wird zum Albtraum ·

 

«Dieser Frauenarzt, ein Schlächter, hat mein Leben zerstört»

 

Véronique Scheins, 54 Jahre alt, wäre während einer Hysteroskopie fast gestorben. Der verantwortliche Frauenarzt wurde vom Krankenhaus sogar als "Schlächter" bezeichnet.

In ihrem medizinischen Stuhl leidet Véronique Höllenqualen. "Man hat mir alle Bauchmuskeln entfernt. Um meinen Bauch zu stützen, habe ich jetzt einen Gürtel, der mich quält. Ich habe große Schwierigkeiten aufzustehen, zu gehen. Meine Nieren funktionieren nicht mehr normal. Ich habe einen Katheter und muss alle zwei Stunden zur Toilette. Man hat mir 120 Nähte gesetzt. Ich habe Infektionen und bin sehr müde. Ich kann mich nicht mehr um meine Hundezucht kümmern...", zählt die 54-jährige Frau aus der Drôme auf. Zusammenfassend sagt sie: "Mein Leben ist zerstört."

Diese dramatische Situation wurde durch einen chirurgischen Eingriff verursacht, der am 30. Mai im Krankenhaus von Montélimar zum Albtraum wurde, wo Véronique einen harmlosen Eingriff über sich ergehen lassen sollte. Der Gynäkologe hat Véroniques Gebärmutter perforiert und ihre Femoralarterie durchtrennt. Das Krankenhaus selbst bezeichnete diesen Geburtshelfer sogar als "Schlächter". Während des Eingriffs versuchten ein Assistenzarzt und ein Anästhesist, den Arzt auf seinen Fehler aufmerksam zu machen. Vergeblich. "Ich wäre fast verblutet", erklärt Véronique.


«Er hat die Gebärmutter perforiert, ohne es zu bemerken»

 

Madame Véronique Scheins

 

 

Anfang Mai 2018, während ihrer Periode, litt Véronique unter anhaltenden Blutungen über mehrere Tage. Sie konsultierte einen deutschen Frauenarzt, Dr. Martin F., der gerade vom Krankenhaus eingestellt worden war. Der Arzt entdeckte ein Fibrom (ein kleiner, nicht krebsartiger Tumor) an der Gebärmutterwand. Eine erste Behandlung stoppte die Blutungen. Aber der Frauenarzt erklärte Véronique, dass er trotzdem eine Hysteroskopie (Untersuchung der Gebärmutter) durchführen wolle, um möglicherweise das Fibrom zu kauterisieren.

In einem Schreiben an die Ärztekammer schrieb Michel Cohen, der damalige Direktor des Krankenhauses, über den Eingriff des Doktor F.: "Nachdem er die Gebärmutter perforiert hatte, ohne es zu bemerken, setzte er seinen chirurgischen Eingriff trotz der Warnungen seines Operationsassistenten fort. Er begann mit der Kürettage, obwohl er sich in der Nähe der Blutgefäße befand. Er hat die Femoralarterie verletzt. Er blieb wie versteinert und unfähig, eine Entscheidung zu treffen, während das Leben der Patientin in Gefahr war. Wir sind in eine Situation eines therapeutischen Unfalls geraten, weil er nicht in der Lage war, die Perforation der Gebärmutter zu erkennen, und weil er darauf bestand, seinen Eingriff fortzusetzen."

 

«In 30 Jahren medizinischer Literatur findet man keinen Hinweis auf einen solchen Unfall»


Als Opfer einer massiven Blutung wurde Véronique notfallmäßig ins Krankenhaus Edouard Herriot in Lyon transportiert. Sie wurde von den Ärzten wie durch ein Wunder gerettet, die auch die Amputation ihres rechten Beins vermeiden konnten. Für Maître Edouard Bourgin, Véroniques Anwalt aus Grenoble, war der Fehler des Chirurgen enorm: "Ein Gutachter für Geburtshilfe kam zu dem Schluss, dass er seinen Eingriff 10 cm zu weit fortgesetzt hat. Das hat es noch nie gegeben. In 30 Jahren medizinischer Literatur findet man keinen Hinweis auf einen solchen Unfall. Man fragt sich, ob es sich nicht um einen Akt vorsätzlicher Verstümmelung handelt und nicht nur um einfache unbeabsichtigte Verletzungen", fragte sich Maître Bourgin, der den Staatsanwalt von Valence eingeschaltet hatte.

Philippe, Véroniques Ehemann, wurde vom Direktor des Krankenhauses von Montélimar empfangen: "Er sagte mir, dass dieser Arzt ein wahrer Schlächter sei", behauptete er. Véronique und er haben auch entdeckt, dass Dr. Martin F. nicht versichert war! "Ich bin wütend auf diesen Chirurgen. Ich kann mir einen solchen Fehler nicht erklären. Es liegt viel Ungeschicklichkeit und Inkompetenz vor", sagte Véronique. "Was mir passiert ist, darf anderen Menschen nicht passieren. Dieser Arzt darf nicht mehr praktizieren. Ich werde versuchen, mich wieder aufzubauen. Aber ich weiß, dass der Weg lang und schwierig sein wird."



«Sein Berufsverbot muss vollständig sein, denn dieser Arzt ist gefährlich»



Dr. Martin F., der zu diesem Zeitpunkt eine Praxis in Straßburg (Bas-Rhin) hatte, wurde vom Departementrat der Ärztekammer des Bas-Rhin für ein Jahr teilweise suspendiert. Er durfte keine chirurgischen Eingriffe mehr durchführen, doch durfte er Sprechstunden abhalten. "Eine skandalöse Halbmaßnahme. Sein Berufsverbot muss vollständig sein, denn dieser Arzt ist gefährlich", meinte Maître Bourgin. Véronique und ihr Anwalt fragten sich, ob Dr. F. nicht noch weitere Opfer gefordert hat. Denn "der Schlächter von Montélimar" hatte zu dieser Zeit bereits in der Schweiz, in Belgien, Luxemburg und Deutschland gearbeitet.

Das Krankenhaus von Montélimar behauptete seinerseits, dass die Einstellungsregeln bei seiner Anstellung im Mai des damaligen vorangegangenen Jahres eingehalten wurden. Trotz Versuche der französischen Presse konnten sie den Frauenarzt weder auffinden noch kontaktieren.

Seit Oktober 2024 arbeitet der "Schächter" wieder in einer gynäkologischen Praxis im Schwarzwald. 

 

 


 

➛ Kurzbiografie
Der 1967 im Großraum Stuttgart geborene Arzt schloss erst mit 45 Jahren (2012) sein Medizinstudium ab, nach Stationen in Bayern und Südafrika. Seine Karriere weist ein internationales Muster von Kurzzeitanstellungen und plötzlichen Wechseln auf. Nach anfänglicher Tätigkeit als Oberarzt in einer Schwarzwald-Klinik (2012-2015) und Übernahme einer eigenen Praxis entwickelte sich eine problematische berufliche Laufbahn.

➛ Strafregister vor dem Hauptvorfall
· 2016: Betrugsverurteilung in Deutschland mit Eintrag ins Strafregister
· 2016: Verurteilung in der Schweiz wegen Verkehrsdelikten
· Frühjahr 2016: Vertrag in Zentralfrankreich nach nur drei Tagen aufgelöst
· 2017: Anstellung in elsässischem Krankenhaus nach 20 Tagen beendet

➛ Der Fall Véronique Scheins – die verhängnisvolle Operation
Am 30. Mai 2018 führte der in französischen Medien als "Docteur F." (l'obscur docteur F.) bezeichnete Arzt im Krankenhaus von Montélimar (Drôme) eine vermeintlich routinemäßige Hysteroskopie (Gebärmutterspiegelung) bei der damals 54-jährigen Véronique Scheins durch. Was folgte, beschreiben Experten als medizinische Katastrophe außergewöhnlichen Ausmaßes:

Laut dem SÜDKURIER, Berichten von RTL Luxemburg und Le Monde:
· Ein Assistenzarzt bemerkte um 15:20 Uhr, dass "Docteur F." auf den Kamerabildern Muskelfasern statt der Gebärmutterhöhle sah
· Trotz direkter Nachfrage, ob er einen falschen Weg eingeschlagen habe, antwortete er nur mit "Nein"
· Eine Krankenschwester meldete sechs Minuten später einen plötzlichen Blutdruckabfall
· Trotz mehrfacher Warnungen des Personals und Aufforderungen zum Abbruch des Eingriffs setzte "Docteur F." die Operation unbeirrt fort
· Selbst nach Betätigung des Alarmknopfes und dem Eintreffen weiterer Mediziner blieb er laut Gutachten "regungslos zwischen den Beinen seiner Patientin sitzen" mit der Kamera in der Hand
· Eine Krankenschwester musste ihm schließlich das Gerät aus der Hand nehmen

Das Gutachten dreier Medizinprofessoren stellte fest, dass er "die rechte Beckenwand von Véronique Scheins buchstäblich durchpflügt und die Arterien und Venen zerstört" hatte. Die luxemburgische Gesundheitsministerin kommentierte später: "Er hat seinen Spitznamen Metzger nicht gestohlen."

➛ Folgen für die Betroffene
· Verlust von 5 Litern Blut und lebensbedrohlicher Zustand
· Künstliches Koma und Notfalltransport in ein 150 km entferntes Spezialkrankenhaus
· Sechswöchiger Krankenhausaufenthalt statt geplanter ambulanter Behandlung
· Dauerhafte Behinderung mit 55% funktioneller Beeinträchtigung
· Angewiesenheit auf Rollstuhl und Korsett bis heute
· Véronique Scheins: "Tag und Nacht bin ich in meinem Haus eingesperrt"

➛ Flucht und internationale Verfahren
Nach dem Vorfall floh "Docteur F." umgehend nach Luxemburg und arbeitete später kurzzeitig in Guadeloupe. Philippe Scheins, der Ehemann des Opfers, bezeichnete ihn in Le Monde als "einen Scharlatan", "einen Betrüger", "eine gefährliche Person", "einen falschen Arzt" und "einen Flüchtigen". Die juristischen Konsequenzen:
· Juni 2018: Strafanzeige des Ehepaars Scheins wegen "fahrlässiger Körperverletzung mit einer Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Monaten"
· Mai 2019: Streichung aus dem französischen Ärzteregister durch die Ärztekammer in Lothringen
· 2019: Stilllegung seiner Berufserlaubnis in der Schweiz
· 2020: Trotz gerichtlicher Aufsicht weiterhin Tätigkeit in einem gynäkologischen Zentrum in Luxemburg
· 2021: Verurteilung in Frankreich zu zwei Jahren Haft und lebenslangem Berufsverbot
· 2022: Reduzierung auf 18 Monate unbedingte Haft bei Berufungsverfahren nach Geständnis
· 2022: Zivilrechtliche Verurteilung der Krankenhausgruppe zu 1,7 Millionen Euro Schadenersatz
· 2022: Entzug der Berufserlaubnis in Luxemburg als drittem Land

➛ Aktuelle Situation
· Oktober 2024: Auslieferung von Luxemburg nach Frankreich und Haftantritt
· Ende 2024/Anfang 2025: Nach teilweiser Verbüßung der Strafe Rückkehr nach Deutschland
· Anfang 2025: Niederlassung als Gynäkologe im Regierungsbezirk Stuttgart trotz internationaler Berufsverbote
· Aktuell: Praktiziert in einer nicht näher identifizierten Gemeinde und wirbt aktiv um Patientinnen
· Pressekontakt lehnt er ab

Das Regierungspräsidium Stuttgart bestätigte, dass nach einer "Einzelfallprüfung" die Berufserlaubnis in Deutschland erteilt wurde – trotz der schwerwiegenden Vorfälle und Verurteilungen in drei anderen europäischen Ländern.



Quellen

· SÜDKURIER:
"Er hat in drei Ländern Berufsverbot: Verurteilter Frauenarzt wirbt in der Region um Patientinnen"
https://www.suedkurier.de/baden-wuerttemberg/schwarzwald-verurteilter-frauenarzt-mit-berufsverbot-wirbt-patientinnen-an-behoerden-reagieren-nicht;art417930,12346080

· Le Parisien:
https://www.leparisien.fr/faits-divers/erreur-medicale-le-calvaire-sans-fin-de-veronique-laissee-gravement-handicapee-par-un-chirurgien-01-08-2023-NE5BOKPZZZFUBD6QV3FLSCCQKY.php

· Virgule:
https://www.virgule.lu/luxembourg/un-gynecologue-condamne-en-france-exercait-au-luxembourg/43191.html

· RTL Luxemburg:
https://today.rtl.lu/dossier/tdf/news/a/1594163.html

· Le Monde:

https://www.lemonde.fr/societe/article/2020/10/10/l-obscur-docteur-f-gynecologue-soupconne-d-avoir-commis-une-grave-erreur-medicale_6055543_3224.html

https://www.lemonde.fr/societe/article/2020/11/18/affaire-du-docteur-f-le-parquet-demande-le-renvoi-devant-le-tribunal-correctionel_6060224_3224.html

https://www.lemonde.fr/societe/article/2021/03/17/affaire-du-docteur-f-le-praticien-renvoye-devant-le-tribunal-correctionnel-de-valence_6073491_3224.html

· France Bleu:
https://www.francebleu.fr/infos/faits-divers-justice/montelimar-le-gynecologue-qui-a-failli-tuer-une-patiente-est-condamne-a-deux-ans-de-prison-ferme-1622727317

 

 


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