Friedrichshafen

 

 

 

Mutmaßlicher Mordversuch am Bodensee · Arzt soll versucht haben, seine Frau zu erwürgen

 

 

 

Ein 47-jähriger Arzt muss sich vor dem Landgericht Ravensburg verantworten. Die Vorwürfe sind gravierend: Er soll im November 2024 versucht haben, seine Ehefrau zu erwürgen. Nur durch das beherzte Eingreifen einer 73-jährigen Passantin konnte Schlimmeres verhindert werden.

 

Schwerwiegende Gewaltvorwürfe

Die Anklage gegen den iranischen Mediziner lautet auf versuchten Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Laut Staatsanwaltschaft hat die Gewalt in der Beziehung eine längere Vorgeschichte. Bereits im Iran soll der Mann seiner Frau gegenüber übergriffig geworden sein. Nach der gemeinsamen Auswanderung nach Deutschland im Jahr 2022 eskalierte die Situation offenbar. Die Frau, ebenfalls Ärztin, berichtet von wöchentlichen Vergewaltigungen und körperlichen Misshandlungen. Auch die drei gemeinsamen Kinder sollen Opfer von Gewalt geworden sein – diesbezüglich läuft ein separates Verfahren in Hagen (Nordrhein-Westfalen).

Im Mai 2024 gelang der Betroffenen mit ihren Kindern die Flucht in ein Frauenhaus im Bodenseekreis. Der mutmaßliche Tathergang vom 4. November in Friedrichshafen, wie ihn die Staatsanwaltschaft schildert, ist erschütternd: Der Angeklagte lauerte seiner Frau vor einer Zahnarztpraxis auf, zerrte sie in einen Hinterhof und würgte sie mehrfach bis zur Bewusstlosigkeit, während er ihr drohte: «Ich bringe dich um.»

 

Lebensgefährliche Situation – Passanten reagierten nicht

Besonders beunruhigend: Zwei Passanten sollen die Hilferufe der Betroffenen in der Friedrichshafener Innenstadt ignoriert haben. Erst als eine 73-jährige Frau auf die Schreie aufmerksam wurde und eingriff, ließ der Mann von seiner am Boden liegenden Ehefrau ab. Die couragierte Seniorin vertrieb den Angreifer mit den Worten «geh weg, geh weg, ich rufe die Polizei». Der Beschuldigte wurde kurz darauf von der Polizei festgenommen und sitzt seither in Untersuchungshaft.

 

Widersprüchliche Darstellungen vor Gericht

Während der Verhandlung zeigte sich der Angeklagte nicht bereit, zum Tatgeschehen auszusagen. Er berichtete jedoch ausführlich über sein Leben und seine Ehe. Er beschrieb eine anfänglich liebevolle Beziehung, die sich aus seiner Sicht durch das Verhalten seiner Frau verschlechtert habe. Er stellte sich selbst als «geduldige und freundliche Person» dar und behauptete, seine Frau leide unter Depressionen und einer narzisstischen Störung, sei ihm gegenüber aggressiv gewesen und habe ihn geschlagen.

Die 45-jährige Ehefrau schilderte eine vollkommen andere Version der Geschehnisse. Im Iran sei ihr Mann Leiter einer Klinik gewesen, während er in Deutschland zunächst nicht als Arzt arbeiten konnte. Mit dieser Rolle als «nur Babysitter» für die gemeinsamen Kinder sei er nicht zurechtgekommen. Sie berichtete von extremer Eifersucht, Kontrolle und sogar einer Kamera im Schlafzimmer. Die Betroffene lebt bis heute in Angst, dass er die Kinder in den Iran entführen könnte, da «im Iran die Kinder dem Vater gehören».

 

Traumatische Erinnerungen

Mit sichtbarer Fassungslosigkeit beschrieb die Frau den Angriff: «Ich kann es bis jetzt nicht glauben. Er ist doch Arzt! Er hat mich bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt und ist dann einfach weggegangen.» Bei jedem Hilferuf habe er stärker zugedrückt, bis sie keine Luft mehr bekam und das Bewusstsein verlor.

Die 73-jährige Zeugin, die durch ihr Eingreifen möglicherweise ein Leben rettete, berichtete über den Zustand der Betroffenen nach dem Angriff in Friedrichshafen: völlig apathisch, zitternd und zunächst unfähig zu sprechen. Mit Empörung kommentierte die Seniorin das Verhalten der anderen Passanten: «Hätten die beiden anderen Männer geholfen, wäre es nicht so weit gekommen. Da muss erst eine 73-jährige Frau kommen.»

Die Ärztin zeigte sich ihrer Retterin gegenüber tief dankbar: «Sie sind mein Engel. Sie haben meinen Kindern die Mutter erhalten.»

Der Prozess wird am 24. März fortgesetzt. Möglicherweise fällt dann bereits ein Urteil.

 

 

QUELLE

· «Ehemann würgt Frau bis zur Bewusstlosigkeit – Seniorin greift ein», Kerstin Schwier, Schwäbische Zeitung, 24.03.2025 ·