Bad Rothenfelde

 

 

Arzt vor Gericht ‧ 56-Jähriger soll 14-Jährige in Klinik vergewaltigt haben

 

 

 

Schüchtermann-Klinik Bad Rothenfelde als Tatort: Mediziner nutzte Behandlungszimmer für brutalen Missbrauch

 

Seit dem 8. April 2025 steht ein 56-jähriger Arzt aus Bad Rothenfelde vor dem Landgericht Osnabrück. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm besonders schwerwiegende Vergewaltigung, Körperverletzung und sexuellen Missbrauch einer Jugendlichen vor. Der gebürtige Syrer soll im Dezember 2023 eine damals 14-Jährige in einem Behandlungszimmer der Schüchtermann-Klinik massiv missbraucht haben, nachdem er sie über einen Chatroom kennengelernt hatte.

 

 

Der Tathergang: Vom Chat bis zur traumatischen Erfahrung

 

Nach Erkenntnissen der Ermittler nahm der Fall im Dezember 2023 seinen Anfang. Der Mediziner kontaktierte die 14-jährige Schülerin in einem «ganz normalen Chatroom», wie die Staatsanwaltschaft betont. Im Chat gab sich die Jugendliche als 16-Jährige aus. Der Beschuldigte soll dem Mädchen 100 Euro versprochen haben, wofür genau, ist Gegenstand der laufenden Verhandlung.

 

Die beiden verabredeten sich zu einem Treffen in Osnabrück. Die Jugendliche reiste mit dem Zug an und wurde vom Arzt am Hauptbahnhof abgeholt. Er brachte sie anschließend in die Schüchtermann-Klinik nach Bad Rothenfelde, obwohl das Mädchen dort nicht als Patientin geführt wurde. In seinem abgeschlossenen Behandlungszimmer soll der Mediziner laut Staatsanwaltschaft dann massiv übergriffig geworden sein und die wehrlose Teenagerin über mehrere Stunden hinweg brutal vergewaltigt haben. Der stundenlange Missbrauch hinterließ schwere körperliche und seelische Verletzungen bei dem Mädchen. Nach dem gewaltsamen Übergriff soll er der traumatisierten Schülerin die versprochenen 100 Euro ausgehändigt haben.

 

Die 14-Jährige aus dem Raum Oldenburg kehrte noch am selben Tag in ihren Heimatort zurück und erstattete unverzüglich Anzeige bei der örtlichen Polizei. Noch am Abend durchsuchte die Polizei sowohl die Privatwohnung des Arztes als auch sein Zimmer in der Klinik. Dabei wurden Handys und ein Laptop sichergestellt.

 

 

Vom Verdacht zur Anklage

 

Die Staatsanwaltschaft Osnabrück leitete ein Ermittlungsverfahren ein und informierte im März 2024 die Öffentlichkeit über den Fall. Zu diesem Zeitpunkt waren die Vernehmungen bereits abgeschlossen, während die Auswertung der sichergestellten elektronischen Geräte noch andauerte.

 

Im September 2024 erhob die Staatsanwaltschaft schließlich Anklage gegen den Arzt, der inzwischen von der Klinikleitung suspendiert worden war. Die Anklageschrift ging beim Landgericht Osnabrück ein, das den Prozessbeginn auf April 2025 terminierte.

 

 

Prozessauftakt unter schwierigen Bedingungen

 

Am ersten Verhandlungstag am 8. April 2025 blieb der Angeklagte regungslos, als die erschütternden Details der Anklageschrift verlesen wurden, darunter auch die mehrstündige Dauer der Vergewaltigung. Er hat sich bislang nicht zu den schwerwiegenden Vorwürfen geäußert und schwieg auch vor Gericht. Im Vorfeld hatte er die Tat jedoch bestritten.

 

Die mittlerweile 15-jährige Betroffene wurde unter Ausschluss der Öffentlichkeit drei Stunden lang als Zeugin vernommen. Ihre Anwältin hatte zuvor gefordert, dass der Angeklagte den Gerichtssaal während der Befragung verlassen solle, da eine Begegnung für das schwer traumatisierte Mädchen unerträglich belastend sei und sie retraumatisieren könne. Sie schlug vor, dass der Angeklagte die Befragung per Video-Übertragung aus einem anderen Saal verfolgen könne.

 

Die Kammer lehnte diesen Antrag ab, entschied jedoch, dass der Angeklagte in den hinteren Zuhörerreihen Platz nehmen musste, damit die 15-Jährige ihn während ihrer Aussage nicht ansehen musste. Zu welchem Zweck sie sich mit dem deutlich älteren Chat-Partner getroffen hatte, ist nicht bekannt – auch nicht, warum sie damals vorgab, bereits 16 Jahre alt zu sein.

Der Prozess wird am 11. April fortgesetzt.

 

 

Rechtliche Einordnung & mögliche Konsequenzen

 

Die Staatsanwaltschaft betont in diesem Fall, dass ein sexuelles Verhältnis zu Minderjährigen ab 14 Jahren nicht grundsätzlich illegal ist. Strafbar wird es erst unter bestimmten Umständen:

- wenn es nicht einvernehmlich geschieht

- wenn eine Zwangslage ausgenutzt wird

- wenn die fehlende Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung der Jugendlichen ausgenutzt wird

- wenn eine «Vergütung» für die sexuelle Handlung gegeben wird

 

Im laufenden Prozess muss daher auch geklärt werden, welchen Zweck die 100 Euro hatten, die der Arzt der Minderjährigen gab.

 

Das Gericht hat fünf weitere Verhandlungstage angesetzt, das Urteil könnte im Mai 2025 fallen. Bei einer Verurteilung droht dem Angeklagten laut Gerichtssprecher eine Freiheitsstrafe von bis zu 15 Jahren.

 

 

Besondere Brisanz des Falls

 

Der Fall erregt besonderes Aufsehen, da er in den sensiblen Bereich der medizinischen Ethik und des Vertrauensverhältnisses zwischen Ärzten und Gesellschaft fällt. Der besonders schwerwiegende Missbrauch, der sich über mehrere Stunden erstreckte, zeigt einen erschreckenden Vertrauensbruch: Obwohl die Jugendliche keine Patientin des Mediziners war, nutzte er sein berufliches Umfeld und die Räumlichkeiten der Klinik für die mutmaßliche brutale Tat aus.

 

Die Berichterstattung basiert auf Meldungen des NDR und der BILD-Zeitung vom März 2024 bis April 2025. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen, die Unschuldsvermutung gilt.