Paris

 

 

Prozess gegen den «Schlächter von Tumba»: Verhandlung beginnt fast drei Jahrzehnte nach dem Völkermord in Ruanda

 

 

 

Nach langer Wartezeit steht ein ehemaliger ruandischer Frauenarzt in Paris vor Gericht

 

Am 14. November 2023 begann in Paris ein bedeutsamer Prozess gegen Sosthène Munyemana, einen 68-jährigen Frauenarzt aus Ruanda. Munyemana, der sich nach dem Völkermord an den Tutsi im Jahr 1994 in Frankreich niederließ, muss sich wegen schwerwiegender Anschuldigungen vor dem Pariser Schwurgericht verantworten.

 

Der Fall, der nun fast 30 Jahre nach den schrecklichen Ereignissen verhandelt wird, wird auch von ruandischen Medien wie der Tageszeitung "The New Times" aus Kigali aufmerksam verfolgt. Für die Hinterbliebenen der Opfer und Menschenrechtsorganisationen war es ein jahrzehntelanger Kampf um Gerechtigkeit.

 

Munyemana, der früher am Krankenhaus in Butare im südlichen Ruanda tätig war, ist mit schweren Vorwürfen konfrontiert: Ihm werden Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie die Beteiligung an deren Vorbereitung zur Last gelegt. Bei einer Verurteilung droht ihm eine lebenslange Freiheitsstrafe.

 

Der Angeklagte soll in der Region Tumba, die heute zur Stadt Huye gehört, eine zentrale Rolle bei den Massakern gespielt haben – was ihm den berüchtigten Namen "Schlächter von Tumba" einbrachte. Laut Anklageschrift war er für eine lokale Gruppierung verantwortlich, die aktiv an der Verfolgung und Tötung von Tutsi beteiligt war. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, persönlich an der Selektion von Opfern mitgewirkt, die Verteilung von Waffen koordiniert und den Aufbau tödlicher Straßensperren beaufsichtigt zu haben.

 

Der Beschuldigte weist sämtliche Anschuldigungen zurück und behauptet, dass die Regierung unter Paul Kagame Druck auf Zeugen ausgeübt habe, um gegen ihn auszusagen.

 

Die Verhandlung gilt als weiterer wichtiger Schritt in der juristischen Aufarbeitung des ruandischen Völkermords, bei dem 1994 innerhalb von etwa 100 Tagen schätzungsweise 800.000 Menschen, vorwiegend Tutsi, ermordet wurden.