Skandal um Neusser Frauenarzt weitet sich aus

Von falschen Krebsdiagnosen bis zu tödlicher Behandlung

In einem erschütternden Fall von mutmaßlichem ärztlichen Fehlverhalten haben sich die Ermittlungen gegen einen ehemaligen Neusser Frauenarzt dramatisch ausgeweitet. Was im September 2014 mit dem Verdacht auf bewusst falsche Brustkrebsdiagnosen begann, führte nur wenige Monate später zu Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung.

 

Der Fall kam ans Licht, als eine Ärztin die Praxis des 65-jährigen Gynäkologen übernahm und in den Patientenakten auf zahlreiche Unregelmäßigkeiten stieß. Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf bestätigte am 23. September 2014, dass gegen den Mediziner wegen Körperverletzung ermittelt werde, da er offenbar gesunden Frauen Brustkrebsdiagnosen gestellt hatte, um teure Behandlungen und Operationen abrechnen zu können.

Tödliche Konsequenzen und weitere Vorwürfe

Die Ermittlungen nahmen im Dezember 2014 eine noch gravierendere Wendung. Nun wurde bekannt, dass eine Patientin des Arztes an den Folgen einer unsachgemäß durchgeführten Brustkrebsoperation verstorben war. "Die Ärztin, die die Praxis übernommen und die Patientin bis zu ihrem Tod weiterbetreut hat, hat Strafanzeige gestellt", erklärte Staatsanwalt Christoph Kumpa gegenüber der Presse.

 

Die Liste der Vorwürfe gegen den mittlerweile 66-jährigen Mediziner ist erschreckend lang:

  • Etwa zehn bis elf Fälle fahrlässiger Körperverletzung

  • Ein Fall einer durchgeführten Abtreibung ohne Einhaltung der gesetzlichen Fristen

  • Mehrere Fälle von Abrechnungsbetrug zum Nachteil von Krankenkassen und Patientinnen

  • Ein besonders dramatischer Fall einer Patientin aus Viersen, die jahrelang kein Kind bekommen konnte, weil der Arzt vergessen haben soll, ihre Spirale zu entfernen – deren Entfernung er jedoch abgerechnet hatte

Fachliche Einschätzung und mögliche Konsequenzen

Dr. Peter Loosen, ein erfahrener Frauenarzt aus Neuss, äußerte sich zu den Vorwürfen mit Unverständnis: "Es wäre tatsächlich grob fahrlässig, wenn ein Arzt in seiner Praxis Probe-Entnahmen machen würde." Er betonte, dass Patientinnen mit Brustkrebsverdacht an spezialisierte Zentren überwiesen werden sollten, wie etwa das im Johanna-Etienne-Krankenhaus in Neuss.

 

Sollte der beschuldigte Gynäkologe verurteilt werden, drohen ihm eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. Die Staatsanwaltschaft beauftragte einen Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens zu den schwerwiegendsten Fällen, dessen Fertigstellung etwa ein halbes Jahr in Anspruch nehmen sollte.

 

Dieser Fall wirft ein Schlaglicht auf die besondere Vertrauensstellung von Frauenärzten und die verheerenden Folgen, wenn dieses Vertrauen missbraucht wird.

 

Quellen: Neuss-Grevenbroicher Zeitung (23.09.2014) und Rheinische Post (01.12.2014)

 

 

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